BILDGESCHICHTEN
- Notizen aus dem Kameratagebuch, Gedanken, kleine Texte. Machmal erzählen sie vom Entstehen eines Fotos, manchmal deuten sie eine Erinnerung an, machmal laufen sie mir einfach zu bei der Arbeit an einem Bild.
- Ich lasse sie geschehen wie eine Szene vor dem Objektiv.
Eine Notiz, eine Frage, ein Gedicht oder vielleicht auch eine Geschichte, die die Fantasie erzählt. Wer weiss das schon so genau…
„Du kannst dein Leben nicht verbreitern oder verlängern, aber du kannst es vertiefen.“
(Dunja Naßler-Averdung)
Zwei auf See
Auf’s Meer
auf’s Meer
schauen
mit dir
auf’s Meer
schauen
immer mehr
viel Meer
und mehr
mit dir
Zwischen den Bunen
– Hohe Düne –
Erklär mir das Dunkelwerden,
die Nacht – Geheimnis des Tags.
Sterne wie Schnee aus Licht.
Unfug und Glück
–
Merkwürdig man selbst zu sein,
Landschaft hinter den Augen,
ewig munkelt der Horizont.
Unfug und Glück
–
Hin und her murmelt die Brandung,
Westwind pfeift den Buhnen.
Von was wohl träumen Möwen?
Unfug und Glück
–
Vor uns, uferlos die Zeit,
hinter uns, die Hohe Düne.
Sag nichts, ausser dir selbst.
Unfug und Glück
Nachtgeflunker
Nachtgeflunker
Am Abend,
gingen sie
zum Hügel.
Stiegen hinauf,
sahen hinab
über die Insel.
Jemand sass,
andere legten sich
irgendwo ins Gras.
Der Tag
verschwand
im Meer.
Die Nacht
durchzog
den Himmel.
Die Sterne
flogen
durchs All.
Wie immer,
sagte jemand
von ihnen.
Schön die Nacht,
unterm Sternemeer
mit euch.
Ja, stimmt…
Tal der Menschen
Kolloquium
Ein Zirkel der jungen Weisen traf sich am Bild der Erkenntnis um darüber zu beraten, wie die Welt im Tal der Menschen zu retten wär. Im stillen Raum setzten sie sich im Halbkreis, schauten eine Weile lang hinab ins Tal der Menschheit. Sie liessen sich Zeit. Es verstrichen die Jahre.
Eines Tages, erhob sich aus ihrer Mitte ein junger Weiser und sprach: Lange haben wir der Menschheit zugeschaut und haben erfahren, die Menschen sind stolze Wesen und sie suchen ehrgeizig nach ihrem Vorteil. Die Menschen leben in unserem Sinne nicht weise.
Alle jungen Weisen schauten gebannt auf den Redner und nickten sacht mit ihren Köpfen. Es verstrichen die Jahre.
Später fuhr er fort: Aus unserer Beobachtung ergibt sich nun die Frage, macht es Sinn, den Menschen zu raten? Am Rande ihres Halbkreises erhob eine junge Weise ihren Arm und sprach: Es sind nicht alle Menschen so, wie du von ihnen sprichst. Es sind Fragende unter ihnen zu beobachten. Die Menschen sind nicht alle gleich.
Nach einer weiteren Denkpause, schüttelten oder nickten alle Weisen ihren Kopf und schauten wieder hinab ins Tal der Menschen. Es verstrichen die Jahre.
Gut, sprach der junge Weise, es gibt verschiedene Menschen. Lassen wir ihnen also ihre Zeit. Hiernach – über kurz oder lang, erhoben sie sich schweigend, und zogen, einer nach dem anderen, dorthin zurück, woher sie einst kamen.
Nach dem Mauerfall
Kapitulation
Wer steht
vergeht.
Wer versteht
geht.
Weisse Fahne
wendet, weht
im Winde sich.
Ich steh
am Mauerloch
mit Gänsen.
Wir gackern,
grasen und grasen,
den Boden trocken.
Frage
genug?
willst du
über alles
wenig wissen
oder
willst du
über wenig
alles wissen
oder
weisst du
über vieles
alles und nichts
oder